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Modetrends Aktuell Wie RuPaul's Drag Race die Mode erobert

Ein Hoch auf Netflix! Vor dem Streamingdienst war "RuPaul's Drage Race" vorwiegend den Amis vorbehalten. Ich kannte es flüchtig, wusste, dass es im Reality-Format um Drag Queens geht, und dass die Serie bunt, schrill und verrückt ist. RuPaul war mir bereits bestens vertraut, und dass nicht nur als Galionsfigur der LGBTQI+ ( = lesbian, gay, bi, trans, queer, intersex ) Community, sondern ebenso, weil durch das Schaffen dieser herausragenden Show, die Modewelt nachhaltig beeinflusst wird und ich schlichtweg ein verrückter Fashion-Head bin, der das gut finden muss. Drag Queens sind Vorreiterinnen und Mitgestalterinnen von allem, was mit Mode zu tun hat und selbst wenn die Szene durch "Drag Race" mittlerweile fast zum Mainstream geworden ist, ist sie es wiederum nicht und wird es niemals sein, weil sie viel zu innovativ ist und sich stetig weiterentwickelt in unbekannte Sphären. Und zwar in einem berauschenden Tempo Richtung schillerndere Zukunft, in der wir alle gleiche Rechte haben und gleich viel Wert sind, unabhängig von Sex, Religion, Haut oder Status. Und während wir in manchen Teilen der Welt dem Ziel bereits näher rücken, gibt es anderswo immer noch starken Aufholbedarf.



"SHE DONE ALREADY DONE HAD HERSE?":

Wir behandeln in diesem Blog-Artikel weniger, was "RuPaul's Drage Race" für die queere Community bedeutet, weil es offensichtlich ist und du seine "Herstory" und ihr Vermächtnis überall im Netz auf unzähligen Plattformen nachschlagen kannst. Seine "Herstory"? Ihr Vermächtnis? Verwirrt? Mama Ru schert sich nicht um Anreden und ob er oder sie. "You can call me he. You can call me she. You can call me Regis and Kathie Lee. I don't care. Just as long as you call me.", ist das passende Zitat zum Thema, weshalb ich mir das Recht herausnehme, das fröhlich zu mischen, je nachdem, was ich passend finde. Ich weiß, die Anreden für LGBTQI+ Leute können schwierig sein und eine Hürde darstellen. Da diese Gruppe allerdings häufig sensibel und umgänglich ist, gerade aufgrund der vielen Widrigkeiten im Leben, gibt es durchaus freundliche, höfliche und angebrachte Wege, um nach den Anreden zu fragen als ein Plumpes: "Hey! Bist du ein Mann oder eine Frau?". Wie wäre es damit, sich als erstes selbst vorzustellen mit: "Hi! Ich bin Silly und mein Personalpronomen ist "sie". Was ist deines?". Das wäre zum Beispiel eine vertretbare Art und Weise, um die Anrede des Gegenübers zu erfragen und ein wenig Sensibilität muss schon sein, bist du unsicher und befindest dich einer Lage, wo du nicht weißt, was die richtigen Personalpronomen sind. Feingefühl ist gefragt, weil wir eben nicht das Recht haben, Menschen zu demütigen, indem wir ihre Persönlichkeit nicht wahrnehmen und anerkennen und sie zu dem machen, was wir glauben, dass sie sind. Über Gendern in der Sprache kann man streiten, doch darüber, unsere Mischmenschen zu achten, bestimmt nicht. Es ist immer noch deine Sache, wie du dich bezeichnen willst und die anderen haben das zu akzeptieren, so einfach ist das. Es läuft genauso in der Community selbst und wie Gottmik in Staffel 13 zeigt, sind sich Transgender, Non-Binäre und alle, die sich irgendwo dazwischen befinden, durchaus darüber bewusst, dass es Verwirrung stiften könnte, aus welchem Grund sie dich schon wissen lassen, woran du bist, falls sie es für nötig erachten.

Und kriegst du keine klaren Antworten oder überhaupt keine, ist mein erster Tipp, es stets universell zu halten und auf Personalpronomen zu verzichten, solange die Sache nicht geklärt ist. Mein zweiter Tipp ist, sich "Drag Race" anzusehen oder andere Hits aus der Szene wie "Pose" von Ryan Murphy, das für mich nebenbei bemerkt herausragend war und all das sensibilisiert und bereitet dich ideal auf die Community vor. In unseren Breitengraden sind wir längst mittendrin im Wandel und es nutzt nichts, dagegen zu rudern. Sicher, es wird immer Leute geben, die diskriminieren, hassen und demütigen, doch die Zahl an FürsprecherInnen wächst im selben Atemzug, und das haben wir nicht zuletzt dem Fortschritt zu verdanken, der mit "Drag Race" stetig vorangetriebenen wird. RuPaul ist Wegbereiter, Koryphäe, Kämpferin, Philantrop, Göttin und Queen, was spätestens allen hätte klar werden sollen mit dem Vogue-Cover aus dem Jahr 2019, wo er als royale Königin gekleidet, den Modethron bestieg. Jedoch wurde es kurzfristig geändert und Kim Kardashian durfte am Cover erstrahlen aufgrund der zu dieser Zeit stattfindenden MET Gala in New York, die als das Fashion Highlight schlechthin gilt. Und auch wenn ich Kimmy und ihr Sisters liebe, weil die Show unterhaltend ist und fashionable, befinde ich das nicht als cool. Die Queen war darüber höchstwahrscheinlich "not very amused".




"VOGUING":

Mit "Voguing" meine ich nicht den durch Madonna populär gemachten Tanzstil, der charakteristisch ist für die Ballroom-Szene in den 80ern und 90ern, wie du eindrucksvoll in Dokus wie "Paris is burning" oder in Dramen wie "Pose" auf Netflix sehen kannst. Ich gebe diesem Ausdruck eine andere Bedeutung und meine damit, es auf das Cover der Vogue zu schaffen, was in den Staaten noch keiner Drag Queen gelungen ist, nicht mal RuPaul, der in den letzten Jahren zum Superstar avanciert ist. Queens werden hier und da in der Zeitschrift mit kleinen Beiträgen gefeatured und sind in der Onlinepräsenz der Vogue aktiv, weil sie offensichtlich Klickzahlen generieren, und das Magazin nicht gänzlich darauf verzichten will. Doch weshalb kein Cover? Zurecht sucht man nach Antworten und sieht man die Show, könnte man sich durchaus fragen, was modischer ist als das? Berücksichtigst du zuzüglich, dass die erste Folge von "Drag Race" bereits im Jahr 2009 über die Bühne ging und wie populär das Ganze heute ist, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass es komisch anmutet, wenn es nicht häufiger mal bildschöne, bekannte Queens auf das Cover schaffen. Viele davon sind in der ganzen Welt Stars und die ausländischen Vogues ehren sie regelmäßig in ihren Printmedien. Brasilien beispielsweise mit der grandiosen Pablo Vittar, die die erste ihrer Art auf einem Vogue Cover war. Indien hatte ebenso eine Drag Queen am Cover und andere, internationale Ableger der Zeitschrift ziehen nach. Drag Queens siehst du mittlerweile häufig, sogar auf amerikanischen Titelblättern von Hochglanzmagazinen, die teilweise nicht bezogen auf Mode sind und die die Queens als erfolgreiche Entertainerinnen und Geschäftsfrauen porträtieren, die das gesamte Showbusiness für sich eingenommen haben. Warum also ein derartiges Zieren der amerikanischen Vogue? Jenes Magazin, das wie gemacht scheint für die eindrucksvollen Looks und Persönlichkeiten der Queens, die nicht selten bahnbrechend sind.

Vogue USA ist nach wie vor das einflussreichste Modemagazin weltweit, und das Cover adelt die Menschen. Die Zeitschrift ist sich über seine Vorrechtsstellung bewusst und schließt die Szene großteils aus, weil sie die Looks der Designer klaut. Immer wieder mal sieht man Outfits in den Shows und Queens werden dafür kritisiert, diese von namhaften Designern kopiert zu haben. Und selbst falls das bei weitem nicht alle machen oder es sogar nur gelegentlich Plagiatsvorwürfe gibt, reicht das der Vogue schon aus, um dieser Szene nicht die modische Würdigung Teil werden zu lassen, die sie eigentlich verdient. Es geht mir keineswegs darum, dass Queens ständig die Titelblätter der Vogue schmücken müssen. Jedoch sie klar und deutlich per Statement davon auszuschließen, weil vereinzelte Queens Looks stehlen, scheint mir doch ein wenig billig. Insbesondere, da man in Zeiten wie diesen die Welt nicht allzu schwarz/ weiß malen sollte und Verallgemeinerungen einmal mehr schadhaft sind.



DRAG FASHION:

Aber klar, sind wir ehrlich, sind viele Queens mit allen Wassern gewaschen. Sie tragen Looks namhafter Designer auf dem Laufsteg ohne zu fragen, und das fast exakt wie auf dem originalen Runway. Ein nennenswertes Beispiel wäre hinsichtlich Aquaria in Staffel 10 mit ihrem Miami Summer-Look, der eindeutig von Mugler aus den 90ern abgekupfert ist, was Aquaria auch auf den sozialen Netzwerken gesagt hat. Wobei dies ja fast ein Muss ist, ist es derartig offensichtlich, wie du auf den folgenden Bildern feststellen kannst. Manchmal sind die Looks stark abgewandelt und manchmal nur leicht. Manche davon sagen es des Weiteren auf den sozialen Kanälen, manche hüllen sich darüber in Schweigen und eigentlich kann man es niemanden zu sehr vorwerfen. In der Mode wird seit jeher voneinander abgeschaut und kopiert. Es wird wiederholt und erweitert und ist es in "Drag Race" zu offensichtlich, gibt es im Netz eine Rüge und so läuft das Game halt. Persönlich finde ich, dass die Queens ihre Inspirationsquellen offenlegen sollten, vor allem, falls es zu offensichtlich ist. Dann hat sich die Sache ein für alle Mal und modische Unternehmen dürfen sich mit der Werbung geehrt fühlen. Schließlich ist es kein Konkurrent, der die Designs klaut, sondern harmlose Drag Queens und es handelt sich um eine Momentaufnahme einer Show, die eigentlich rentabel für die Labels ist. Die modische Hingabe der Drag Queens ist jedenfalls unübersehbar. Manche verpfänden ihr gesamtes Hab und Gut für die Kleider, die in der Show funkeln und die unsere Gemüter erheitern und es gibt bei "Drag Race" kein Budgetlimit, was unter anderem in der Community stark kritisiert wird. Häufig kosten Klamotten Tausende von Dollar, sind Einzelanfertigungen, Vintage-Looks und somit unbezahlbar und die Meinungen sind darüber tatsächlich gespalten.

🔎Aquaria Miami Summer Look:

🔎 Thierry Mugler Summer Fashion Show 1991:

Du solltest wissen, dass du die Queens in folgende Kategorien einteilen kannst. Eine Gruppe macht es so, dass sie bestimmte Designer anheuert, über die sie weiß, dass sie die Mode zuverlässig und hochwertig fertigen. Du siehst ein Pic von einem Runway-Look, gibst es dem XY-Designer mit Änderungswünschen und et voilà, schon hast du ein einzigartiges oder weniger einzigartiges Piece nach dem anderen, vorausgesetzt du verfügst über die nötige Kohle. Es gibt in Drag Queen-Adelskreisen längst etablierte Designer und eine Queen reicht die Visitenkarte weiter an die andere, weshalb manche dieser Designer heute selbst zu Stars avanciert sind. Nicht zuletzt Zaldy, der als Couturier für RuPaul zuständig ist und sie erstrahlen lässt. Eine weitere Gruppe macht ein Mittelding. Lässt sich also inspirieren, lässt anfertigen und mischt im selben Moment kräftig und überall mit und bringt die Persönlichkeit ein, egal ob Design oder die Schaffung der Kleidung, Accessoires und dergleichen. Hinzu kommen die Schneiderinnen. Also Queens, die selbst die Designerinnen sind und die aufgrund all der tollen, nicht selbst geschneiderten Roben auf den Laufstegen manchmal in den Hintergrund geraten, zumindest falls sie all ihre Show-Outfits anfertigen, die häufig gut sind, jedoch nicht so tadellos wie jene der professionellen Designer. Diese Queens existieren zuhauf und die guten davon werden üblicherweise entlarvt, wenn Design-Challanges in den Shows anstehen, wo jede zeigen muss, was sie drauf hat. Wobei es hochwertig schneidernde Queens gibt wie Utica aus Staffel 13 oder konträr dazu Ivee Odly, die als Gewinnerin der 11ten Staffel sogar aus Müll etwas Schönes zu schaffen vermag und die vollends auf Low Budget setzt. So oder so können wir es herunter brechen auf Queens, die bezahlen für ihre Mode und die sich mit dem Schaffungsprozess gar nicht auseinandersetzen. Es gibt diejenigen, die mithelfen, die die eigene Handschrift beitragen und sich beteiligen und wiederum jene Gruppe, die alles selbst herstellt und die sich ordentlich abmüht. Dass du das in der Show aber oft nicht genau differenzieren kannst, vor allem mit wenig modischem Hintergrundwissen, ist kein Wunder und du kannst dich jederzeit im Internet schlaumachen, falls Bedarf besteht. Es spielen sich ständig unterhaltende "Escandalo"-Dramen ab, die schon fast zur Show dazugehören à la Farrah Moan aus Staffel 9 zum Beispiel, die erst kürzlich meinte, dass Ariana Grande ihre Looks stehlen würde. Schlichtweg köstlich und super unterhaltsam!




DRAG, DU UND ICH:

Drag ist verständlicherweise überzogen, überspitzt, und das Gegenteil von subtil. Wenn du dich für den Alltag oder das Nachtleben derartig aufhübschst als Frau, wirst du wahrscheinlich Leute fragen hören, ob du in der Tat eine Drag Queen bist und deswegen ist das auf den ersten Blick nicht wirklich auf unser Leben anwendbar. Dennoch erreichen uns die Trends in abgeschwächter Form und wir werden beeinflusst, egal ob Mode oder Make-up. Und ehrlich, sehe ich mir so manche Insta-Girls an, die massenweise Schminke und verrückte Klamotten tragen, weiß ich auch oft nicht mehr genau, was Sache ist. Trotzdem wird dadurch ersichtlich, dass Drag Queens uns inspirieren und auf uns abfärben, was direkt oder über Umwege erfolgt. Manche Trends entwickeln sich schnell, manche über Jahre, und das oberste Ziel von RuPaul bestand erst einmal darin, die Szene zugänglicher zu machen, auf dass unsere Omas nicht mehr empört sind, wenn sie das sehen oder unsere Opas gar von den Stühlen fallen. Es ist einiges erreicht worden und Drag kennt man bis in die hintersten Ecken. Die Welt hat sich hinsichtlich stark gewandelt und für mich, verdanken wir einen großen Teil davon RuPaul und seinen grandiosen Machenschaften. Drag beeinflusst heute Kunst, Sprache, Politik, Mode, Musik und so gut wie jede Facette unseres Lebens, offensichtlich oder subtil und unbemerkt. Contouring und Overlined Lips? Stammt beides aus dem Drag- oder allgemein aus dem Performer-Bereich, wo man sich seit Dekaden derartig ausdrucksstark schminkt. Body Positivity? Wird ebenso durch Drag Queens und Shows wie "Drag Race", das ja nicht nur in den USA läuft, mächtig vorangetrieben. Schließlich gibt es nirgendwo mehr Figurtypen, Größen, Ethnien, Religionen und sexuelle Präferenzen auf einen Haufen, weshalb auch wir davon bloß profitieren können und uns ergo mehr trauen. "If you don't love yourself, how in the hell you gonna love somebody else?", hört man in jeder Episode der Show aus dem Mund von Mama Ru, und das ist wohl die wichtigste Message, die wir alle verinnerlichen müssen und die es versteht, die Welt nachhaltig zu verändern.

Was wir uns von Drag Queens abgucken können:

✔️ Die Queens in "Drag Race" erzählen häufig davon, eine "Color Vision" zu schaffen, und das kannst du dir natürlich abschauen und für dich selbst umsetzen. Es geht darum, Ton in Ton zu sein, sprich einer bestimmten Farbe treu zu bleiben oder zumindest fast treu, indem du ausschließlich Nuancen einer Farbe für dein gesamten Outfit wählst. Du startest beispielsweise mit dem Basic, also einem roten Kleid und erweiterst dieses stetig. Zuerst kommen Schuhe, dann die Strumpfwaren, dann die Accessoires und so weiter, und zwar alles in Rottönen, bis das Gesamtbild fertig ist. Passt etwas nicht dazu, hebst du es für einen anderen Look auf und diese Art des Ausschlussverfahrens kreiert besonders stimmungsvolle Designs und du bekommst obendrein ein besseres Gefühl für Farben und wie sie miteinander harmonieren. Also die Augen stets auf die Farben der Drag-Outfits in der Show richten und dadurch den eigenen Style verbessern, laute die Maxime. Ton in Ton oder sich für zwei Farben zu entscheiden, und das knallhart durchzuziehen, erscheint im ersten Moment kitschig. Machst du es allerdings richtig, kann es extrem fashionable und ansprechend sein.

✔️ Keine halben Sachen zu machen, können wir von Drag Queens lernen und romantischer hat es Coco Chanel ausgedrückt. "Eine Frau sollte sich jeden Tag so anziehen, als könnte sie ihrer großen Liebe begegnen", hat sie einst gesagt und weil ich diesen Satz schon als Kind gehört habe und ich Mode liebe, habe ich eigentlich immer danach gelebt. Selbst wenn ich heutzutage Zitate von Coco kenne, die ich weniger ansprechend finde. Diese Aussage hallt jedoch in mir nach, und zwar ist es weniger mein Ziel, adäquat zu sein, sollte ich der großen Liebe begegnen. Aber was ich aus diesem Zitat mitunter entnehme ist, dass ich jeden Tag das Maximum aus mir heraushole, und das tue ich. Ich halte nichts davon, halbherzig zu sein oder mich gehen zu lassen. Trage ich eine Sonnenbrille, mache ich dennoch mein Augen-Make-up darunter. Trage ich ein schönes, neues Kleid, habe ich nicht die hässlichste Unterwäsche an. Valentina aus Staffel 9 hätte ihren Text lernen sollen für den "Lip Sync", auch wenn sie eine Maske getragen hat, die sie beim Tanzen allerdings abnehmen musste. Silky Nutmeg Ganache aus Staffel 11 hätte sich schminken müssen für die Show, obwohl sie gleichsam eine Maske trug, und das ist damit gemeint. Sich einer Sache hinzugeben, ist schwer und kann langfristig hart und anstrengend zu sein. Doch wähle ich mein Outfit täglich mit Bedacht und Hingabe, macht es mich zu einem zufriedenen Menschen insgesamt und es geht hinsichtlich gar nicht so sehr um Mode oder Make-up. Es geht darum, dass du mit deiner Einzigartigkeit, deinem Talent und deiner Individualität bestichst und du mit Leidenschaft dabei bist, was immer das sein mag. Und ein bisschen steckt die Lehre darin, dass Schlampigkeit und Faulheit bestraft werden im Leben und die Besten die Besten sind, weil sie 100% geben.

✔️ Im Umgang mit Make-up können dir Drag Queens einiges beibringen und damit ist nicht gemeint, dass du dich zugkleisterst wie eine Queen vor ihrer letzten Show in Vegas. Besuchst du diverse Plattformen und Profile der KünstlerInnen, gehen viele davon ein auf die Tatsache, dass wir nicht alle Drag Queens sind und supporten uns mit allerhand Tipps und Tricks für das alltägliche Leben. Die meisten haben echt Ahnung von Make-up und es gibt endlos Tutorials und Hacks im Internet, die auf sämtliche Menschen der Welt anwendbar sind, die gerne mit Schminke hantieren. Etwas ganz und gar Außergewöhnliches macht Nikita Dragun aus dem "Hype House". Ich bin zwar nicht so auf Tik Tok, Instagram und Co. unterwegs, aber die Netflix-Reality-Doku habe ich dieses Jahr gesehen und Nikita hat mich beeindruckt. Ihre Kosmetiklinie feierte vor kurzem 2-jähriges Jubiläum und diese besteht sowohl aus alltäglicher Schminke für alle sowie aus speziellem Make-up für Queens und Trans-Leute. Nikita ist als Junge geboren und mit Bartschatten hat man auf dem konventionellen Kosmetikmarkt das Nachsehen, weshalb sie alles in ihrer Linie vereint und somit auf jeden gleichermaßen eingeht. Die Grenzen verschwimmen oder sind längst verschwommen und bezüglich Make-up-Trends können wir uns heute getrost auf die lieben Queens verlassen, die dieses Business vereinnahmt haben. Es geht also in eine Richtung, in der wir alle Produkte bekommen, die auf uns zugeschnitten sind. Mir ist die Einseitigkeit von Kosmetik seit Ewigkeiten bekannt oder genauer seit jenem Zeitpunkt, an dem ich mich zu schminken begann. Als asiatisch-europäische Frau ist es mir seit jeher unmöglich, eine Foundation zu finden, die auch nur ansatzweise passt. In den gängigen Drogerien gibt es zumeist eine Foundation einer Linie für sämtliche Schwarze, was gleichsam problematisch ist. Der Rest der Auswahl hat dann aber ausschließlich einen rosigen Unterton und ein gelber ist häufig überhaupt nicht verfügbar, aus welchem Grund wir Asiaten einfach außen vorgelassen werden. Mir als Asiatin eine Foundation ins Gesicht zu klatschen mit rosigem Unterton, passt nicht, aus welchem Grund ich aus dem Internet bestellen muss. Mehr Vielseitigkeit in alle Richtungen wäre also wünschenswert und Jungs, die sich schminken, sind längst keine Seltenheit mehr, weswegen die Auswahl in den Stores selbst das widerspiegeln könnte. Doch die Wahrheit sieht so aus, dass die Drag Queen natürlich nichts kriegt bei DM um die Ecke, wenn nicht einmal ich eine geeignete Foundation bekomme. Ich meine, Asiaten sind jetzt nicht so selten, was mich unweigerlich vor die Frage stellt, was das soll.

✔️ Sich Zeit zu lassen mit dem Make-Up und der Garderobe, zeichnet Drag Queens aus und sogar falls wir keine 4 Stunden aufbringen können, um uns fertig zu machen, schon gar nicht in der Früh, bevor wir in die Arbeit müssen, ist es trotzdem erstrebenswert, gelassen und sorgfältig zu sein, haben wir die Chance dazu. Am Wochenende bevor ich ausgehe, wende ich aus diesem Grund genügend Zeit auf und nicht selten komme ich dabei auf tolle Ideen für mein Äußeres oder mein Leben im Allgemeinen. Außerdem kann ich akkurat sein mit meinem Make-up und den Klamotten, woraufhin ich mich gleich gut und sicher fühle. Entspannend ist das alles sowieso und genau darum geht es. Das Haus unfertig zu verlassen, ist furchtbar für mich, weil ich mich dann den restlichen Tag unwohl fühle. Also ja, wann immer wir uns Zeit lassen können, sind wir sorgfältiger und relaxter in allem, was wir tun und man sieht es in der Show. In den unzähligen Stunden, die für das Styling aufgewendet werden, geht es heiter, schlagfertig und entspannt zu. Und würden sich die Ladies arg stressen, würde das garantiert nicht so sein.

✔️ Eine der wichtigsten Messages, die uns Drag Queens zu vermitteln verstehen ist, dass heraus zu stechen kein Unding ist. Persönlich habe ich einen modisch-wagemutigen Freundeskreis im Großen und Ganzen, auf den ich stolz bin. Mit mir mittendrin und schon früher in der Schule war es mir egal, dass ich mich anders angezogen habe als der Durchschnitt mit meinem Mix aus Urbanwear, Hip Hop, Boho-Chic und einer Prise Harajuku. Es hat mir demnach nie großartig etwas ausgemacht, wenn andere hinter meinem Rücken über mich und die verrückten Klamotten getuschelt haben und sie es nicht nachvollziehen konnten. Aber anders zu sein als die große Masse ist das, was uns als Menschen weiterbringt, aus welchem Grund es für mich stets unergründlich war, warum man so aussehen will wie jemand anderes oder gar alle. Und ob es früher in der Schule die Mitläufer waren mit ihren Trendteilen oder ob es heute die Girls und Boys auf Instagram sind, die alle irgendwie aussehen wie Klone. Es wird sie immer geben, Leute, die Lemminge sind und denen das wahrscheinlich nicht einmal auffällt, wobei Drag Queens kräftig dagegen arbeiten und vielen Menschen aufzeigen, dass es besser ist, gesehen zu werden als übersehen. Wenn sich die dicke Queen in einen hautengen Fummel schmeißt. Wenn sich die Schönste mit Absicht hässlich schminkt oder wenn sich eine wiederum ein Kleid bastelt aus Schwämmen wie Monèt X-Change aus Staffel 10, wirkt das albern und doch bringt es uns ein Stück näher ran an die Erkenntnis, dass sich aus der Masse abzuheben und die Andersartigkeit eines jeden zu zelebrieren, fabelhaft ist. Nie zuvor war es einfacher, sich selbst voll auszuleben, wobei dies nicht bedeutet, dass es einfach ist oder es je einfach werden wird. Der springende Punkt ist eher, dass wir alle sowieso anders sind, was laut Drag Queens akzentuiert, anstatt versteckt werden sollte.


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